Was ist arabischer Antisemitismus?
Von Menahem Milson Menahem
Milson lehrt arabische Literatur an der Hebräischen Universität Jerusalem.
Er war Adjutant von Präsident Sadat während dessen Besuch in Israel
Übersetzt aus dem Englischen von Karl Pfeifer
Antijüdischen Ausschreitungen in Frankreich und
anderswo in Europa haben dazu geführt - dass der Antisemitismus, von dem man
seit dem Zweiten Weltkrieg annahm er würde abnehmen - wieder eine größere
Bedrohung für Juden ist. Dieses Wiederaufleben
des Antisemitismus hat aber zwei unterschiedliche neue Merkmale:
- (a)antijüdische Stellungnahmen werden als die
richtige Antwort auf israelisches Benehmen im Konflikt mit den
Palästinensern präsentiert; und
- (b) die arabischen Medien sind die Quelle für den
größeren Teil dieser antijüdischen Propaganda.
Das fordert eine besondere Aufmerksamkeit für das
Problem des gegenwärtigen arabischen Antisemitismus, der ganz anders ist
als es die moslemische Einstellung zu Juden und Judentum vor der
modernen Zeit waren. Diese beiden Themen, obwohl in verschiedener Weise
in einer Beziehung, haben ganz andere historische Zusammenhänge und
sollten deswegen separat behandelt werden.
Der Status der Juden als eine tolerierte Minderheit in der moslemischen
Welt vor Erscheinung des Zionismus wird unglücklicherweise immer wieder
besonders betont im Wettbewerb zwischen Juden und Arabern um die Gunst
der öffentlichen Meinung. Der Laie ist oft verwirrt zwischen den
Argumenten beider Seiten. Einerseits, hört er dass die Juden (und
Christen) den Status einer geschützten Minderheit unter dem Islam
hatten, und dass die Juden im muslimischen Spanien eine goldenes
Zeitalter des Friedens und Reichtum im muslimischen Spanien genossen;
andererseits sagt man ihm, dass Juden und Christen rechtlich nicht
gleichgestellt waren und nie etwas anderes waren als zweitklassige
Bürger. Bernard Lewis hat diese widersprechende
Version in eine ausgewogene Perspektive gesetzt:
Sogar in seinen besten Zeiten, war der mittelalterliche Islam ziemlich
verschieden von dem Bild, das Disraeli und andere romantische Schriftsteller
gezeichnet hatten.
Das goldene Zeitalter der gleichen Rechte war ein Mythos, und der Glaube
daran, war mehr ein Resultat der jüdischen Sympathie für den Islam. Der
Mythos wurde von Juden im 19. Jahrhundert in Europa erfunden, als ein
Vorwurf an Christen - und wurde in unserer Zeit von den Muslimen übernommen
als ein Vorwurf an die Juden.
Wie die meisten mächtigen Mythen enthält auch dieser einen Element der
historischen Wahrheit. Wenn Toleranz die Abwesenheit von Verfolgung
bedeutet, dann war die klassische islamische Gesellschaft tatsächlich
tolerant sowohl zu ihren jüdischen wie auch zu ihren christlichen Untertanen
- toleranter vielleicht in Spanien als im Osten, und in beiden
unvergleichlich toleranter als das mittelalterliche Christentum. Aber wenn
Toleranz das Fehlen von Diskriminierung ist, dann war und hat der Islam nie
behauptet tolerant gewesen zu sein, sondern bestand im Gegenteil auf
privilegierter Überlegenheit des wahren Gläubigen in dieser wie in der
nächsten Welt.(1)
Mein Referat ist begrenzt auf das Thema arabischer Antisemitismus als ein
zeitgenössisches Medien-Phänomen; es vermeidet absichtlich die Diskussion
des muslimischen Verhaltens zu Juden und Judentum vor der modernen Zeit.
Jedoch, bedeutet das nicht, dass ich die Wirkung der jahrhundertealten
Tradition unterschätze. Wie erwartet werden kann, haben mittelalterliche
islamische Stereotypen des Juden die arabische Antwort auf Israel und den
Zionismus beeinflusst.
Um dies zu illustrieren, weise ich auf einen sehr
zuverlässigen Zeugen: den großen Gelehrten aus dem 14. Jahrhundert Ibn
Khaldun. In seinem berühmten Al-Muqaddima (Einführung in das Studium der
Geschichte) in einem der weniger bekannten Kapiteln, in denen er die
Prinzipien der Erziehung behandelt, warnt Ibn Khaldun seine Leser gegen
die Anordnung strenger Disziplin der Schüler und gegen das Anwenden von
physischer Strafen, weil diese voraussichtlich die moralischen
Eigenschaften beschädigen. "Harte Maßnahmen in der Erziehung brechen den
Geist der Kinder, sie löschen die Tugenden und sie führen zu schlechten
Eigenschaften wie Verlogenheit und Heimtücke (khubth)." Die schädliche
Wirkung von strengen Einschränkungen und repressive Regeln, behauptet
Ibn Khaldun, sieht man nicht nur bei Individuen, sondern auch bei
Gruppen. Das, erklärt er, ist klar bewiesen bei den Juden, die überall
berüchtigt sind für ihre niedrigen Eigenschaften und Heimtücke.(2)
Das ist eine äußerst lehrreiche Betrachtung zum Bild
der Juden im mittelalterlichen Islam, insbesondere weil es von Ibn
Khaldun vorgebracht wird in Verbindung zu einem anderen Thema: Ibn
Khaldun will in diesem Kapitel nicht den Leser etwas neues über die
Juden beibringen. Ganz und gar nicht - er nimmt bereits an, dass dies
zum allgemeinen Wissen gehört. Genau weil Ibn Khaldun keinen Zweifel
hat, dass jedermann überall erkennt, dass die Juden falsch und
heimtückisch seien, kann er sie passend als zwingendes Beispiel
erwähnen.
Gestatten Sie mir ein persönliche Anekdote. Im Juni 1979, war ich in
Kairo. Es war ein besonderer Besuch: Ich kam dorthin als der Gast von
Präsident Sadat. Ich wohnte im Shepheard Hotel und niemand vom
Hotelpersonal wusste, dass ich ein Israeli bin, außer dem Hotelmanager
und die Person in der Telefonzentrale, aus Gründen die ich hier nicht
erläutern muss.
Beim Frühstück, fragte mich die Kellnerin, woher ich
komme. Ich antwortete: Israel, doch sie wollte das nicht glauben und
sagte: "Nein, sie ziehen mich auf, Sie sind ein Jordanier. Dann
vermutete sie einiges mehr - Libanese, Libyer, aber sie wollte nicht
zustimmen, dass ich ein Israeli sei. Sie sagte: "Ich kenne die Israelis;
viele israelische Journalisten waren hier. Ich kenne die Israelis wenn
ich sie sehe." Ich fand das faszinierend: "Wie erkennen Sie die?" "Nun,
sie haben diesen heimtückischen Blick." Es hat mich wirklich getroffen;
diese Kellnerin hat die Israelis genauso charakterisiert, "Heimtücke",
wie Ibn Khaldun die Juden sechs Jahrzehnte vorher.
Ich möchte hier betonen, dass ich nicht unterstelle, dass Ibn Khaldun
antijüdisch gewesen wäre. Das war mit hoher Sicherheit nicht der Fall.
Wenn er die Juden in Muqaddima erwähnt, wie er das gelegentlich tut für
historische Vergleiche, dann spricht er von ihnen absolut objektiv, ohne
jedes Zeichen von Antagonismus. Was diese hier erwähnte Sache betrifft,
kann man einen Unterton der Sympathie für den unterdrückten Juden in
seiner Beobachtung bemerken. Und ich bin auch nicht geneigt, die
freundliche ägyptische Kellnerin zu beschuldigen antisemitisch zu sein.
Meine Absicht war, hier die lang dauernde Eigenschaft von Stereotypen zu
beleuchten.
Wie verhält sich dies zum gegenwärtigen Antisemitismus in
der arabischen Welt? Oft hört man, dass in Ländern mit
staatskontrollierten Medien, die Öffentlichkeit einen gesunden
Widerstand gegen die Parteilinie entwickelt und ihre Sympathien und
Antipathien unabhängig von den Medien entwickelt. Können wir annehmen,
dass die Öffentlichkeit in arabischen Ländern, gewohnt wie sie sind den
offiziellen Medien zu misstrauen, die antisemitischen Materialien, die
von den offiziellen Medien geboten als "offiziell" (d.h. falsche)
Propaganda ablehnen? Ich fürchte, dass es keine Grundlage gibt für solch
eine optimistische Annahme. Das Verhalten der ägyptischen Kellnerin im
Kairoer Shepheard Hotel illustriert die weit verbreiteten, seit
Jahrhunderten vorherrschenden Stereotypen, welche sehr wohl eine
Anfälligkeit zeigen, negative Bilder der Juden zu akzeptieren, wenn
diese in den Medien präsentiert werden.
Arabischer Antisemitismus als ein modernes politisches, ideologisches
Medienphänomen entspricht dem Erscheinen des Zionismus und der Geburt
Israels als eine souveräne Nation.
Diese Wechselbeziehung wird ganz offensichtlich wenn
Sie die Daten der antisemitischen Publikationen in Arabisch anschauen:
Der erste arabische Roman mit unverwechselbaren antisemitischen Themen
erschien 1921; die erste arabische Übersetzung der "Protokolle der
Weisen Zions" 1927. Wir sehen ganz klar das Zunehmen der antisemitischen
Veröffentlichungen in Arabisch nach 1947. Jedoch wäre es verfehlt, den
arabischen Antisemitismus als Funktion des arabisch-israelischen
Konflikts zu beschränken.
Woher kommt der Widerwillen sich mit arabischen
Antisemitismus zu beschäftigen? Wenn wir nur die
große Anzahl der antisemitischen Verweise und antisemitischen arabischen
Publikationen in Betracht ziehen, ist es unmöglich nicht den Widerwillen der
israelischen Akademiker zu bemerken sich mit dieser Sache zu befassen.
Es gibt einige Ausnahmen (in Israel und anderswo): Yehoshafat Harkabis "Der
Standpunkt der Araber zum Israelisch-Arabischen Konflikt (Hebräisch. 1968)
bleibt bis heute das schöpferische Werk zu diesem Thema.(3)
Harkabi zögerte nicht dieses Phänomen als
antisemitisch zu qualifizieren. Dem folgte der Artikel von Bernard Lewis
1971, "Semites and Anti-Semites" und andere seiner Arbeiten. Es gibt
noch ein paar andere: Rivka Yadlin, Norman, Stillman, Bat Ye'or und Ron
Nettler, aber sie blieben Ausnahmen. Die überwiegende Mehrheit der
Nahostexperten, in Israel und im Ausland, haben das Thema gemieden.
Lassen Sie mich versuchen dieses erstaunliche Phänomen zu erklären: Hier
sind psychologische Faktoren gemischt mit ideologischen und politischen
Motiven. Wir müssen berücksichtigen, dass das ganze zionistische
Unternehmen beabsichtigte das Problem des Antisemitismus zu lösen. Daher
die Entdeckung, dass der Hass - dem wir geglaubt haben entronnen zu sein
als wir Europa verließen - endemisch im Nahen Osten ist, war etwas was
viele Leute bevorzugt haben zu verdrängen oder zu leugnen.
Und vielleicht gibt es noch ein anderes politischeres
Motiv hinter dem Unwillen sich mit den arabischen antijüdischen
Verhaltensweisen zu beschäftigen: Die Angst, dass die Entlarvung der
antisemitischen Emotion bei der arabischen Seite die politische
Unnachgiebigkeit in Israel bestärken würde und in die Hände der
politischen Gruppen spielen würde, die jeden territorialen Kompromiss
ablehnen.
Diese Sorge ist nicht grundlos.
Wie immer, diejenigen unter uns - die wie ich - eine
israelische Politik einer Kompromiss-Lösung befürworten, müssen
anerkennen, dass das Augen verschließen vor dem arabischen
Antisemitismus nicht nur intellektuell falsch sondern auch politisch
kontraproduktiv ist. Wir können uns nicht erlauben den arabischen
Antisemitismus zu ignorieren; wir müssen ihn genau beobachten. Es ist
eine unglückliche, bedrückende Tatsache, dass der arabische
Antisemitismus seit den 30er Jahren jetzt die gefährlichste Form des
Hasses gegen Juden ist, wo immer sie sich befinden. Das ist besonders so
wegen der engen Kooperation zwischen arabischen Antisemiten und ihren
westlichen Pendants. Was ist arabischer
Antisemitismus?
Die offensichtliche Definition ist: wenn von Arabern,
auf Arabisch und für arabisches Publikum Geschaffenes antisemitisch ist
- dann ist das arabischer Antisemitismus. Oft sprechen arabische
Antisemiten ausländisches Publikum an, um ihre Unterstützung zu
gewinnen.
Was sind die unverwechselbare Kennzeichen des
arabischen Antisemitismus?
Die folgenden Schlüsse wurden aufgrund einer umfangreichen Memri Studie
einer großen Auswahl arabischer Publikationen und Foren (Zeitungen,
Zeitschriften, Fernsehprogramme, Freitagspredigten in Moscheen, Bücher
und Websites gezogen: Die arabische antijüdische Propaganda scheinen
drei Hauptbestandteile zu beinhalten:
- a)Antijüdische Meinungen abgeleitet von
traditionellen islamischen Quellen.
- b)Antisemitische Stereotypen, Bilder und
Beschuldigungen europäischen oder christlichen Ursprungs.
- c)Holocaustleugnung und die Gleichstellung des
Zionismus mit Nazismus (auch das ist westlichen Ursprungs, aber
seine zentrale Rolle bedarf besondere Beachtung).
Der islamische Bestandteil - Affen und Schweine
Eine gewöhnliche Verspottung von Juden, nicht nur in Freitagspredigten
sondern auch in politischen Artikeln, ist das sie Affen und Schweine sind,
oder von diesen abstammen. Diese beleidigende Bezugnahme gründet auf eine
Anzahl von Versen aus dem Koran, die erklären, dass einige Juden von Gott in
Affen und Schweinen verwandelt wurden, weil sie den Sabbat gebrochen
haben.(4)
Weder soll diese Verspottung lediglich als vulgäre Beschimpfung, noch sollte
der Glaube, dass Juden in Affen und Schweine oder andere Kreaturen
verwandelt wurden nur als Zeichen eines primitiven magischen Denkens
ignoriert werden. Die wiederholte Erwähnung der Juden als verachtete Tiere
enthumanisiert sie und liefert die Rechtfertigung für ihre Vernichtung.
Folgend nur einige Beispiele wie diese Verspottung in verschiedenen Foren
benützt wird.
In einer seiner Predigten, hat der Saudi-Scheich
Abd Al-Rahman Al-Sudayyis, Imam und Prediger in der al-Haram Moschee
- das ist die Ka'ba Moschee in Mecca, im wichtigsten Heiligtum der
muslimischen Welt , gesagt:
Lesen sie Geschichte und sie werden verstehen, dass die Juden von
gestern die bösen
Vorfahren der Juden von heute, die üble Nachkommen, Ungläubige,
Fälscher der Worte [Gottes], Kalbanbeter, Prophetenmörder, Leugner
der Prophezeiung... Abschaum der Menschheit sind, die Allah
verflucht und in Affen und Schweine verwandelt hat...' Das sind die
Juden, andauernde Fortsetzung des Betrugs, des Starrsinns, des
Ausschweifens, der Bosheit und Korrumpierung.(5)
Dieses Bild hat sich in das öffentliche
Bewusstsein eingeprägt, sogar bei Kindern. Im Mai 2002 hat Iqraa,
die saudi-arabische Satelliten TV-Station, welche laut ihrer
website, "die Aspekte der arabischen Kultur hervorheben, die
Bewunderung inspirieren ...das echte, tolerante Bild des Islams und
Beschuldigungen die gegen uns erhoben werden widerlegen möchte," hat
ein dreieinhalb jähriges "echt muslimisches Mädchen" über die Juden
befragt im Programm "Das Magazin der muslimischen Frau". Das kleine
Mädchen wurde befragt, ob sie denn Juden gerne habe; sie antwortete
"nein". Als sie befragt wurde, warum nicht, sagte sie, die Juden
sind "Affen und Schweine". "Wer sagte das?" fragte der Moderator.
Das Mädchen antwortete, "unser Gott." "Wo sagte er das?" "Im Koran."
Am Ende des Gesprächs sagte der Moderator zufrieden "Keine [Eltern]
können Allah bitten ihnen ein gläubigeres Mädchen zu geben als
sie... mag Allah sie segnen und beide Eltern, ihren Vater und ihre
Mutter." (6)
Salim Azzouz, Kolumnist der ägyptischen oppositionellen Tageszeitung
Al-Ahrar, die mit der religiösen Liberalen Partei verbunden ist,
beschrieb Israels Rückzug aus dem Libanon im Mai 2000
folgenderweise: "Sie flüchteten lediglich mit der Haut auf ihren
Körpern, wie Schweine fliehen. Und warum sagen "wie", wenn sie
tatsächlich Schweine und Affen sind?" (7)
Das Versprechen der Steine und der Bäume - Wa'd
al-hajar wa-'l-shajar
Ein anderes sehr populäres traditionelles
antijüdisches Motiv ist das "Versprechen der Steine und Baumes."
Eine oft zitierte prophetische Überlieferung (hadith) bestätigt,
dass vor dem Tag des Gerichts, die Muslime die Juden bekämpfen und
töten werden. Sich flüchtend werden die Juden sich hinter Steinen
und Bäumen verstecken und die Steine und Bäume werden rufen, "Oh
Moslem, oh Diener Gottes, ein Jude versteckt sich hinter mir. Komm
und töte ihn." Einige Wochen vor dem zweiten Golf Krieg hat ein
Prediger in der größten Moschee Bagdads diesen hadith im Fernsehen
zitiert, dabei schwenkte er ein langes Schwert und schrie. "wir
werden ihre Köpfe abschneiden!", was Tausende seiner Zuhörer in
Ekstase versetzte.
Westliche Elemente
Der arabische Antisemitismus hat alle europäischen
antisemitischen Mythen übernommen, sogar diejenigen, die von
westlichen Antisemiten als zu primitiv abgelegt wurden. Die
offensichtlichsten Beispiele: die notorische
Ritualmordbeschuldigung, die "Protokolle der Weisen Zions" und die
Beschuldigung - eher seltsam für Muslime - dass die Juden Jesus
getötet hätten.
Die Ritualmordverleumdung
Die Ritualmordverleumdung wird noch immer in der
arabischen und moslemischen Welt verbreitet, und taucht sogar in den
wichtigsten Regierungszeitungen auf. Einige Autoren wärmen diese auf
und wiederverwerten diese bekannten Beschuldigungen, indem sie
diesem einen neuen Dreh zufügen. Ein solches Beispiel ist das
Benützen von menschlichem Blut durch Juden für die Vorbereitung der
traditionellen Mehlspeisen für Purim. [und für Pessach K.P.]
Die Ritualmordbeschuldigung in arabischen Medien
können am häufigsten im Kontext der Kritik an Israels Aktionen gegen
Palästinenser gefunden werden. Ein Beispiel dafür führte dazu, dass
das Pariser Höchstgericht, im August 2002 Ibrahim Nafi', den
Herausgeber der ägyptischen Tageszeitung Al-Ahram, der Hetze zur
antisemitischen und rassistischen Gewalt beschuldigte, weil er die
Publikation des Artikels "Jüdische Matza gemacht von arabischem
Blut" in Al-Ahram vom 28. Oktober 2000 gestattete. Der Artikel
verband die Ritualmordverleumdung von Damaskus 1840 mit Israels
Aktivitäten in den besetzten Gebieten.
Es ist bemerkenswert, dass die Beschuldigungen
gegen Nafi', der Vorsitzender der Gewerkschaft der arabischen
Journalisten ist, einen Proteststurm und Empörung in der ganzen
arabischen Welt ausgelöst hat. Diese [Beschuldigungen des Gerichts]
wurden von den arabischen Medien als "intellektueller Terror", "ein
Schlag gegen die Meinungsfreiheit," "ein zionistischer Angriff gegen
die ägyptische Presse," "Erpressung durch die zionistische Lobby in
Frankreich," und sogar als "eine Beleidigung der ganzen arabischen
Presse" beschrieben.
Die Protokolle der Weisen Zions
Seit der ersten arabischen Übersetzung der
Protokolle im Jahr1927, wurden sie oft im antijüdischen Diskurs in
der arabischen Welt benützt, um die Behauptung der "jüdischen
Weltverschwörung" zu untermauern. Viele arabische Gestalter der
öffentlichen Meinung zitieren dieses gefälschte Dokument, um zu
zeigen, wie der boshafte Plan der Juden, wie er in den Protokollen
festgelegt ist, nun umgesetzt wird. Die Juden werden beschuldigt
heimtückische Methoden anzuwenden um ihr Ziel zu erreichen: die
Wirtschaft und die Medien zu kontrollieren, die Moral zu
korrumpieren und internationale und innenpolitische Konflikte zu
schüren.
Die Benützung der Protokolle in arabischen Medien wurde während der
vergangenen Monate ein weltweites Thema von Diskussionen nach der
Ausstrahlung der ägyptischen Fernsehserie, "Reiter ohne Ross" in der
ganzen arabischen Welt im heiligen Monat Ramadan.
Wenn die Protokolle in arabischen Medien erwähnt
werden, dann wird auf sie als unfragwürdig authentisch Bezug
genommen. Um sicher zu sein, es gibt viele arabische Schreiber die
wohl wissen, dass die Protokolle eine Fälschung sind; die meisten,
aber nicht alle, benützen weiterhin die Protokolle, weil - so
argumentieren sie - "es keine Bedeutung hat, ob sie Tatsache oder
Erfindung sind: ihre ,Vorraussagen' wurden zum großen Teil
verwirklicht." Ein Beispiel dafür ist ein Artikel des libanesischen
christlichen Journalisten Ghassan Tueni:
Würden wir nicht wissen, dass die Protokolle vom
russischen Geheimdienst
- Ende des 19. Jahrhunderts gefälscht wurden... dann würden wir
sagen, dass
- das, was heute in der Welt passiert, genau das ist was das
Weltjudentum geplant
- hat, wegen der großen Ähnlichkeit [zwischen dem was jetzt
geschieht und] was
- man fälschlicherweise [dem Weltjudentum] zuschreibt. [Ich beziehe
mich ] auf die Verschwörung zur Weltbeherrschung und Ausplünderung;
auf die Taten [des Weltjudentums] überall, und auf den finanziellen,
politischen und militärischen Status das vom [Weltjudentum] erreicht
wurde. Das im Zusatz zu ihrem Versuch alles was andere für heilig
halten, zu zerstören. (8)
Es gibt auch ein paar Ausnahmen, darunter auch
prominente Persönlichkeiten, wie Dr. Sadeq Jalal al-'Azm, Osama
al-Baz, Berater von Präsident Mubarak und Dr. Abd al-Wahhab
al-Masiri, Autor der arabischsprachigen Enzyklopädie des Judentums.
Die Juden ermordeten Jesus
Diese uralte christliche Beschuldigung wurde zur
Norm, zum weitverbreitetem Klischee des arabischen antisemitischen
Diskurses. Ein Beispiel ist die in London herausgegebene saudische
Tageszeitung Al-Sharq Al-Awat, in der Arafats Berater Bassam Abu
Sharif sich auf die Statue der Jungfrau Maria berief, die während
der israelischen Belagerung der Geburtskirche von Bethlehem
beschädigt wurde. Er schrieb:
Das traurige Lächeln der Jungfrau Maria, die ihren
Sohn, den Messias
beschützt hat, die Soldaten der israelischen Besatzung nicht daran
gehindert
Stellung beziehen und auf das Gesicht dieses palästinensischen
Engels [d.h. Jesus] zu schießen und dieses Lächeln zu morden... um
das zu ermorden was sie während 2000 Jahren nicht ermorden konnten.
In Bethlehem wurde ein neues Verbrechen begangen. Dieses, natürlich,
war der gescheiterte Versuch den Frieden, die Liebe und Toleranz zu
morden, gerade wie ihre Vorväter versucht haben die prophetische
Botschaft zu ermorden, als sie Nägel und eiserne Pfähle durch den
Körper des Messias in das Holzkreuz nagelten. (9)
Holocaustleugnung und Gleichstellung Zionismus
mit Nazismus
Die gewöhnlichste Mode der arabischen
antizionistischen Schreibe ist den Zionismus mit dem Nazismus
gleichzustellen. Artikel und öffentliche Diskussionen in der
arabischen Welt zeigen eine angebliche Ähnlichkeit zwischen den
Ideologien dieser beiden Bewegungen, insbesondere in Bezug auf
Rassismus. Die Behauptung, dass so wie die Nazis an die
Überlegenheit der arischen Rasse geglaubt haben, die Zionisten an
ein "auserwähltes Volk" - d.h. die Juden - glauben, daraus folgt,
dass die beiden Bewegungen eine militärische Expansion nicht
ausschlossen.
Eine zusätzliche Behauptung ist, dass die
Zionisten mit den Nazis kollaboriert haben, um das jüdische Volk zu
vernichten; weil die Zionisten Palästina als den einzigen geeigneten
Zielpunkt für jüdische Einwanderung betrachteten, sie unterließen
eine rein humanitäre Bemühung um Juden zu retten. Solche Fälschungen
sind der Brennpunkt der Doktor- Dissertation des Spitzenfunktionärs
der Palästinensischen Autonomiebehörde und der Generalsekretär des
PLO Exekutivkomitees Mahmoud Abbas, auch bekannt als Abu Mazen, am
Moskauer Institut für Orientalistik. Die arabische Ausgabe der
Dissertation wurde 1984 publiziert. (10)
Eine andere dieser Behauptungen bezieht sich auf
die gegenwärtige politische Situation im Nahen Osten.. Israelische
oder zionistische Aktionen gegen das palästinensische Volk werden
gleichgesetzt mit oder sogar als schlechter beurteilt, als die
Naziverbrechen gegen die Juden.
Die politische Bedeutung dieser Behauptungen ist
offensichtlich: wenn es keinen Holocaust gegeben hat, dann brauchen
die Deutschen keine Schuldgefühle gegenüber den Juden zu haben.
Außerdem, wenn es keinen Holocaust gegeben hat, dann schulden die
Deutschen - und die westliche Welt - ein Schuldbewusstsein gegenüber
den Palästinensern. Entsprechend diesem Argument, wenn die Juden das
den Palästinensern tun, was die Nazis den Juden taten, dann brauchen
die Deutschen keine Scham zu fühlen. Das ist der Zusammenhang, der
den nahöstlichen Antisemitismus mit seinem westlichen Pendant
verbindet, so eine strategische antisemitische Achse schaffend.
Das Dämonisieren des Juden
Als sozusagen logische Folgerung all des oben
geschilderten kommt die Dämonisierung des Juden, individuell und
kollektiv. Trotz den angehäuften Informationen über die Identitäten
der Täter, die die Terroranschläge des 11. September begangen haben
- behaupten Funktionäre, Journalisten und religiöse Führer in der
ganzen arabischen und moslemischen Welt weiterhin, dass die Täter
dieser Anschläge keine Araber oder Moslems waren. Die Behauptung,
dass amerikanische oder jüdische/israelische Elemente diese Angriffe
durchgeführt haben ist ein gebilligter, gewöhnlicher Mythos der
arabischen Welt. Laut einiger Versionen dieser grotesken Phantasie
haben USA-Präsident George W. Bush und Außenminister Colin Powell
diese Angriffe erdacht. (11) Was kann
getan werden?
Letztendlich, die Frage was kann man da tun?
Die kurze Antwort ist: den arabischen Antisemitismus überwachen, ihn
zu übersetzen und ihn entlarven in der Hoffnung, dass die Entlarvung
zu internationalen Protesten und diplomatischen Druck führen wird.
Jüngste Erfahrungen zeigen, dass arabische Regierungen und
Intellektuelle nicht gleichgültig bleiben gegenüber Protesten und
Druck aus dem Ausland.
Die Artikel von Osama al-Baz im vorigen Dezember,
in denen er den Antisemitismus verurteilte, waren ein willkommener
Schritt vorwärts. Die gleiche Bedeutung hat die Nachricht
(publiziert in der saudischen Tageszeitung Al-Watan vom 14. März
2003) dass das Institute für Islamische Studien an der Kairoer
religiösen al-Azhar Universität empfohlen hat, dass moslemische
Prediger es unterlassen, Juden mit Schweinen und Affen zu
vergleichen.
Es ist zweifelhaft ob einer dieser Schritte
unternommen worden wäre, wenn die jüngsten Proteste und Kritik nicht
vom US-Kongress und den Medien gekommen wären. (12)
1)Bernard Lewis, Islam in History: Ideas, Men and
Events in the Middle East (London, Alcove, 1973), 134-35
2)Ibn Khaldun, Al-Muqaddima (Beirut: Dar ihya' al-turath,nd.d.),
540, English trans. By Franz Rosenthal (New York: Pantheon, 1958,
vol. 3, 305-306. Es war Professor Pessah Shirat, der vor vielen
Jahren meine Aufmerksamkeit auf dieses Kapitel in Ibn Khalduns Werk
gelenkt hatte.
3)Y.Harkabi, Emdat ha aravim be-siksuch yisrael arav (Tel Aviv,
Devir, 1968). Die englischsprachige Ausgabe "Arab Attitudes to
Israel" wurde in Jerusalem, bei Keter 1972 publiziert.
4)Koran, 2 (al-Baqara):65, 5 (al-Ma'ida): 60, 7 (al-A'raf):166. Zwei
dieser Texte (2:65 und 7:166) spezifizieren dass das Brechen des
Sabbats diese Umwandlung verursacht haben. In einem Fall (Koran,
5:60) ist das als Strafe über ahl al-kitab ("die Leute des Buches",
d.s. Juden und Christen) verhängt worden, die sich weigerten den
wahren Glauben anzunehmen.
5)Siehe MEMRI Special Report No. 11 (1. November 2002) von Aluma
Solnick
6)Iqraa Television, 7. Mai 2002
7)Al-Ahrar [Ägypten], 30. Mai 2000
8)Al-Ayyam (Palestinian Authority) 28. März 2000, der Artikel wurde
von der libanesischen Tageszeitung Al-Nahar übernommen.
9)Al-Sharq Al Awsat, 20. März 2002
10)Yael Yehoshua, "Abu Mazein: A Political Profile" (MEMRI, Special
Report Nr. 15, 29. April 2003), chapter 5: "Zionism and Holocaust
Denial."
11)"Attacks were perpetrated by the Jews" (Washington, D.C.: MEMRI,
2002)
12)Yigal Carmon, "Harbingers of Change in the Antisemitic Discourse
in the Arab World" (MEMRI, Inquiry and Analysis Series, No. 135, 23.
April 2003)
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